Das Jahr 2023 hat auch die Stadtwerke Bonn vor verschiedene Herausforderungen gestellt. Neben der hohen Inflationsrate wirken sich unter anderem der Ukraine-Krieg, die Witterung und das bundesweite Vereinheitlichen der Ticketstruktur im ÖPNV im Konzernergebnis aus, ebenso wie die Herausforderung der Transformation zu einem klimagerechten Stadtwerk.
Am Tag der Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke Bonn GmbH, 26. Juni 2024, stellte Olaf Hermes als Vorsitzender der SWB-Geschäftsführung, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen die Jahresabschlüsse der SWB-Gesellschaften für das vergangene Jahr bei einem Pressegespräch vor. Im SWB-GmbH-Einzelabschluss für 2023 fällt der Fehlbetrag von 7,1 Millionen Euro besser aus als er laut Plan für das letzte Jahr prognostiziert war. Damals gingen die Stadtwerke von einem Minusbetrag von 20,3 Millionen Euro aus.
Wirft man den Blick auf den Konzernabschluss der Stadtwerke, zeigt sich für 2023 ein positives Jahresergebnis – ein Konzernjahresüberschuss von 4,6 Millionen Euro. Der Ergebnisunterschied zwischen Jahres- und Konzernabschluss erklärt sich einfach gesprochen durch die unterschiedlichen Funktionen, die mit den jeweiligen Abschlüssen verbunden sind: der Jahresabschluss dient der Ergebnisbemessungsfunktion für den Mehrheitsgesellschafter Bundesstadt Bonn, während der Konzernabschluss die Informationsfunktion über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des gesamten Konzerns erfüllt und somit seine Leistungsfähigkeit in Gänze abbildet. Sind Minderheitsgesellschafter beteiligt wie im Fall der Stadtwerke u.a. die Beteiligungsgesellschaft Bonn/Rhein-Sieg GmbH und die RheinEnergie AG, werden diese Gewinnanteile in der Gewinn- und Verlustrechnung des Konzernabschlusses gesondert ausgewiesen und reduzieren nicht den Konzernjahresüberschuss.
SWB-Chef Hermes sprach von „extremen Rahmenbedingungen, die auf unser Geschäft eingewirkt haben“, darunter der Ukrainekrieg und der damit verbundene Druck auf die Energiemärkte, die Inflation, die die Stadtwerke unter anderem bei Rohstoffen spüren. „Insgesamt haben wir, wie uns der Wirtschaftsprüfer bestätigt hat, ein ordentliches Ergebnis erzielt“, ordnet Hermes die Zahlen ein.
„Dass wir auch unsere Gesellschafter auszahlen können, ist in Zeiten wie diesen nicht selbstverständlich“, ergänzte Tom Schmidt, der mit dem Ergebnis insgesamt sehr zufrieden ist, und darauf hinwies, dass in der Transformation kein Stein auf dem anderen bleibe.“
Die SWB-Geschäftsführer Olaf Hermes und Marco Westphal sowie der BonnNetz-Geschäftsführer Urs Reitis informierten über die Jahresabschlüsse von SWB GmbH, SWB Energie und Wasser und BonnNetz. Obwohl weniger Energie verbraucht wurde und trotz gestiegener Beschaffungskosten liegt das Ergebnis mit einem Plus von 46,3 Millionen Euro nahezu im Plan.
Das sei keine Selbstverständlichkeit, so Hermes, denn die Energiepreise seien nach wie vor sehr volatil. Gleichzeitig trage das gute Ergebnis der Energiesparte auch zu den Abflüssen an die Mitgesellschafter und zum Konzernüberschuss bei. Zudem blickte Hermes auf große Investitionen in der Zukunft: Bis zu 1,3 Milliarden Euro sollen in den kommenden Jahren in die Netze investiert werden.
SWB Energie und Wasser treibt den Umbau der Gas- und Dampfturbinenanlage am Heizkraftwerk (HKW) Nord weiter voran. Neue Komponenten der Anlage werden derzeit in Betrieb genommen, dazu zählen die neue wasserstofffähige Gasturbine, die nun wasserstofffähige Bestandsturbine und der umgebaute Abhitzekessel. Die neue Gasturbine wurde von Siemens Energy entwickelt und hergestellt.
„Wir werden die neue Turbine jetzt in Betrieb nehmen und sind damit mit 15 Volumenprozent wasserstoffready“, erklärte Hermes, der darauf hinwies, dass sie bereits im Testbetrieb läuft. Die Einweihung wird im Spätsommer stattfinden. Die erweiterte Gas- und Dampfturbinen-Anlage erhöht die Erzeugungsleistung für die umweltfreundliche Fernwärme- und Stromproduktion in Bonn.
Diese Entwicklung greift ineinander mit der kommunalen Wärmeplanung, die BonnNetz im Auftrag der Stadt Bonn umsetzt. „Wir haben die Bestands- und Potenzialanalyse abgeschlossen, sind jetzt dabei die Zielszenarien zu entwickeln und können daraus die Versorgungsgebiete und Transformationspläne ableiten“, erläuterte Urs Reitis, Geschäftsführer BonnNetz, zum aktuellen Stand der Wärmeplanung. Diese solle bis Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen werden.
Ein Minus von 68 Millionen Euro verzeichnet SWB Bus und Bahn für 2023 ohne den ÖPNV-Zuschuss. Das ist vor allem auf geringere Einnahmen im Zuge des Deutschlandtickets zurückzuführen, die durch Kompensationszahlungen seitens Land und Bund nicht vollständig aufgefangen werden konnten. Das Ergebnis liegt trotzdem besser als im Plan unter anderem aufgrund geringerer Energie- sowie Kraftstoffkosten.
Anja Wenmakers, Geschäftsführerin SWB Bus und Bahn, ging auf Herausforderungen ein, die in Zukunft bewältigt werden müssen: „Wir sind dabei Hochflur- und Niederflurbahnen zu beschaffen. Die Finanzierung dieser Fahrzeuge ist gesichert.“ Im Prozess mit dem spanischen Hersteller CAF für die neuen Stadtbahnen profitiert der Verkehrsbereich auch von den Erfahrungen, die gerade bei der Beschaffung und Inbetriebnahme für die Straßenbahnen von Skoda gemacht werden, so Wenmakers.
Für die größeren Stadt- und Straßenbahn-Flotten müssen die Betriebshöfe in Dransdorf und Beuel ausgebaut werden. „Wir haben jetzt 100 und werden zukünftig 125 Bahnen haben, die wir alle auf den vorhandenen Flächen unterbringen können“, erklärte Wenmakers. Der Betriebshof in Friesdorf wird für die E-Busse komplett umgebaut. Dies geschieht unter laufendem Betrieb. Seit diesem Jahr beschafft SWB Bus und Bahn ausschließlich emissionsfreie Fahrzeuge.
Dank höherer Erlöse aus der Dampfproduktion und weniger Materialaufwand schließt SWB Verwertung mit einem Plus von zwei Millionen Euro ab. Mit den Plänen für den Ausbau der Müllverwertungsanlage (MVA) zu einem Müllheizkraftwerk (MHKW) kommt SWB Verwertung eine noch größere Bedeutung für Bonns Energieautarkie zu. Vor Ort soll künftig noch mehr klimafreundliche Fernwärme und Strom erzeugt und das bei der Verbrennung entstehende CO2 perspektivisch abgeschieden werden.
Zum aktuellen Stand um die MVA berichtete Manfred Becker, Geschäftsführer der MVA: „Im Augenblick sind wir dabei, einen Generalplaner zu finden und verfolgen drei verschiedene technologische Grundkonzepte, die wir bis Ende des Jahres verdichten werden.“ Becker sprach auch von einem engen Kontakt zu den kommunalen Partnern im Abfallentsorgungs-Zweckverband und kündigte an, die neue Anlage bivalent ausrichten zu wollen, für den Fall, dass zukünftig weniger Siedlungsabfälle anfallen. „Das zeichnet bonNova in der Branche aus, dass wir uns auf solche Szenarien einstellen. Wir nutzen dann vermehrt biogene Brennstoffe, die CO2 neutral sind.“
Tom Schmidt hat als Aufsichtsratsvorsitzender der SWB GmbH bei der Pressekonferenz Personalien bekannt gegeben. Die Geschäftsführung der SWB GmbH wird auf drei Geschäftsführende mit jeweiliger Doppelfunktion erweitert. Neben Olaf Hermes und Marco Westphal wird Anja Wenmakers zum 1. Januar 2025 als nebenamtliche Geschäftsführerin bestellt werden. Hermes und Westphal sind Geschäftsführer von SWB Energie und Wasser, Wenmakers von SWB Bus und Bahn. „Dass eine Frau mit an die Konzernspitze aufrückt, das war mir persönlich wichtig“, sagte Schmidt.
Er betonte zudem, dass die ökologische Transformation eine viel stärkere Verzahnung nötig mache. "Ziel ist es, den Konzerngedanken und die damit verbundene einheitliche Führung zu stärken. So können die großen Bereiche Versorgung und Verkehr stärker als bisher aus der Holding heraus gesteuert werden“, so Schmidt.
Ein wesentlicher Aspekt sei, dass damit einerseits der Verkehrsbereich als wesentliche und mitarbeiterstärkste Konzerneinheit besser abgebildet werden kann und andererseits die Schnittstelle des Konzerns in den Verkehrsbereich hinein optimiert werde. So sollen auch die großen strukturellen Herausforderungen wie die Verkehrswende und das Ziel der Klimaneutralität als auch Großprojekte wie die Seilbahn und der Umbau der Betriebshöfe ebenso eng gemeinsam begleitet werden wie die Defizitentwicklung und der Fahrpersonalmangel.
Olaf Hermes ist weiterhin Vorsitzender und Sprecher der Geschäftsführung der SWB GmbH und wird in seiner Rolle gestärkt. Bei Entscheidungen über wichtige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in der Geschäftsführung steht ihm ein Vetorecht zu.
Tamara Conradi wurd für weitere fünf Jahre als Geschäftsführerin der Bonner City Parkraum GmbH bestellt. Zudem wurde der Vertrag von Hansjörg Spielhoff als nebenamtlicher Geschäftsführer bei SWB Bus und Bahn für weitere drei Jahre verlängert. Eine weitere Vertragsverlängerung betrifft Bernd Nottbeck, der als Geschäftsführer der Quartier.Bonn.West. GmbH die Entwicklung rund um das Innovationsdreieck vorantreibt. Darüber hinaus ist Mirko Heid rückwirkend zum 1. Juni 2024 zum nebenamtlichen Geschäftsführer der Stadtwerke Bonn Beteiligungs-GmbH (SWBB) bestellt worden.
Ab November 2024 wird zudem Benedikt Stapper zum weiteren Geschäftsführer der Müllverwertungsanlage Bonn GmbH (MVA) benannt. Sein Vertrag läuft zunächst für fünf Jahre. Der bisherige Geschäftsführer Manfred Becker scheidet Ende 2025 altersbedingt aus. Die gemeinsame Übergangsphase dient dem Wissenstransfer. „Langjährige Geschäftsführer verfügen über viel Wissen, deshalb ist es wichtig, dass es diese Übergangszeit gibt“, unterstrich Schmidt. Zudem betonte der Aufsichtsratsvorsitzende: „Alle Personalien sind einstimmig im Aufsichtsrat beschlossen worden, auch das ist nicht selbstverständlich.“
Arbeitsdirektor Marco Westphal stellte abschließend noch eine Vereinheitlichung für das Personal im Fahrbetrieb vor: Um den Weg zur Klimaneutralität noch geschlossener zu beschreiten, wird der Fahrbetrieb SWB Mobil mit dem Eintrag ins Handelsregister rückwirkend zum 1. Januar 2024 im Geschäftsbetrieb von SWB Bus und Bahn aufgehen. Dem Verschmelzungsantrag hat der Bonner Stadtrat am Montag, 24. Juni, zugestimmt. Ziel ist, dass künftig alle Mitarbeitenden aus dem Verkehr nur noch einer tarifgebundenen Gesellschaft angehören.
"Das hat aus unserer Sicht nicht nur den Vorteil der Mitarbeiterbindung. Für die Stadtwerke ist das in Zeiten des Arbeitskräftemangels auch ein bedeutsames Zeichen der Wertschätzung“, so Westphal. Wenmakers ergänzte: „Es galt eine Zwei-Klassengesellschaft abzuschaffen, damit alle für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten. Ich bin sehr froh, dass wir das jetzt anbieten können." (sz)