Der 21. Mai 1902 ist ein denkwürdiges Datum in der SWB-Verkehrschronik. An diesem Tag rattert die erste elektrische Straßenbahn von Bonn nach Beuel über die im Jahr 1898 errichtete Rheinbrücke.
Der Eigentümer der Kleinbahn ist die Stadt Bonn. Damit ist die Straßenbahn Bonn-Beuel nicht nur die erste „Elektrische“ in Bonn, sondern auch die erste Tram, die in städtischer Regie durch die Straßen fährt.
Daher trägt der antike Vorgänger der heutigen Linie 62 auch die offizielle Bezeichnung „Elektrische Bahn der Stadt Bonn“.
Das moderne Verkehrsmittel pendelt mit einer Höchstgeschwindigkeit von 18 Stundenkilometern auf folgender Strecke: vom damaligen „Bonner Staatsbahnhof“ durch die Bonngasse, über die Rheinbrücke und weiter zum „Staatsbahnhof Beuel“.
Im ersten Betriebsjahr chauffiert die elektrische Bahn insgesamt 528.243 Personen durch die Stadt und auf die andere Rheinseite. Eine Fahrt innerhalb von Bonn oder Beuel mit der elektrischen Straßenbahn kostet 10 Pfennig. Einmal von Bonn auf die „Schäl Sick“ kommen die Fahrgäste für zunächst 20 Pfennig, ab Juli 1902 dann für 15 Pfennig. Inhaber eines so genannten Brückenabonnements zahlen für die Fahrt 5 Pfennig weniger. Als Depot der elektrischen Straßenbahn dient die Werkhalle der ehemaligen Maschinenfabrik Herz in Beuel.
An Bord der Straßenbahn müssen sich die Fahrgäste an bestimmte Regeln halten, wenn sie den Weg nicht zu Fuß weitergehen und eine satte Geldstrafe berappen wollen. „Lärmen, Singen, Musizieren, das Hinauslehnen des Körpers aus dem Wagen und jedes die Mitfahrenden belästigende Verhalten während der Fahrt und auf den Haltestellen ist verboten, ebenso das Ausspeien auf dem Fußboden“, hält die Polizeiverordnung vom Mai 1902 die Passagiere an. Und weiter heißt es: „Das Mitnehmen von Hunden sowie von geladenen Schußwaffen […] ist nicht gestattet. Personen, welche den Mitfahrenden durch abstoßende Krankheitserscheinungen, unreinliches Äußere oder aus anderen Gründen lästig fallen […] sind von der Mit- bzw. Weiterfahrt ausgeschlossen.“
Seit der gelungenen Jungfernfahrt der „Elektrischen“ sind die Weichen des Bonner Nahverkehrs auf Elektrizität gestellt. Die Stadtväter diskutieren verstärkt über die Idee, auch die weiteren rollenden Verkehrsbetriebe, die Pferde- und die Dampfbahn, in Eigenregie zu übernehmen. (Text: Tanja Kuhl, Foto: Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn)